Heft Dezember 2008
Gute Aussichten im Zukunftspanoptikum -
Theater Freiburg: „Die Europäische Verfassung. Eine Verzettelung.“
Regie und Bühne: Christoph Frick
Von Bodo Blitz
Bereits die dritte Spielzeit in Folge beginnt am Theater Freiburg mit einem klaren Inszenierungsschwerpunkt, der Utopie. (...) Die Hochachtung vor der Recherche im Team um die Intendantin Barbara Mundel ist unübersehbar. Die zentrale Frage ihrer Arbeit: Welche Spuren für positive, für negative Utopien lassen sich in unserer Gesellschaft entziffern?
Das Reservoir an Geschichten, welche so gewonnen werden können, klammert die Gegenwart nicht aus. In der Kammerbühne hat Christoph Frick zusammen mit drei Schauspielern (Ricardo Frenzel, Albert Friedl, Nicola Fritzen) einen kurzweiligen Theaterabend zum Thema „Europäische Verfassung“ erarbeitet: Die europäische Verfassung. Eine Verzettelung“. Frick ist ein geeigneter Regisseur, um aus Improvisation, aus dem Projektcharakter heraus Vieldeutiges entstehen zu lassen: 27 Aktenkoffer, einzeln an die Tagungstische der Schauspieler geschleppt, können für die 27 Mitgliedsländer stehen: die altmodische Kaffeemaschine mit ihrem gurgelndenden Wasserdurchlauf lässt jegliches Arbeiten an der Verfassung erlahmen. Wenn sich Nicola Fritzen dann die erste Tasse einschenkt, ohne dass genügend für seine drei Kollegen übrig bleibt, dann müssen die Verteilungskämpfe innerhalb der Gemeinschaft nicht weiter ausgestellt werden. Die Spielfreude des Ensembles überlagert die Trostlosigkeit manch angeschnittener Themen, die Endlosschleifen der Unterzeichnungsprotokolle etwa oder die Abgrenzung der EU nach aussen. Im Theater lässt sich das wunderbar rezipieren – man möchte Brüssel eine kostenlose Vorstellung vermitteln. (...)